Rechtswissenschaft

Herbert Zech

Noch nicht ausführbare Erfindungen – Patentschutz für Zukunftstechnologien?

Jahrgang 2 () / Heft 3, S. 314-330 (17)

Both German and European patent law know the requirement of reproducibility. It is debated, whether reproducibility is an aspect of sufficient disclosure (as held by the EPO), part of the definition of invention (as held by the German Federal Court of Justice) or part of the requirement of industrial applicability. This article argues in favour of treating reproducibility as a requirement of patentability, whether as part of the invention or as part of the industrial applicability. Especially inventions in newly evolving technologies, although new and inventive, may not be patentable due to the missing reproducibility. The paper analyses from an economic perspective whether patent protection in an early stage of innovation cycles is desirable or not. It comes to the conclusion that the answer depends on whether you accentuate the classical incentive paradigm or the efficient use of existing knowledge in an economy. Applying the existing law, inventions which are irreproducible at the time of application but become reproducible at a later stage could arguably be patented. Nevertheless, to maintain legal certainty denying patentability to such inventions is preferable. Legal proposals for rendering irreproducible inventions patentable have to be rejected in order to keep patentability predictable. Das patentrechtliche Erfordernis der Ausführbarkeit kann dazu führen, dass zunächst nicht patentierbare Erfindungen zu einem späteren Zeitpunkt patentierbar werden. Dies spielt vor allem im Bereich neuartiger Technologien eine Rolle, wo eine Vielzahl von Folgeerfindungen zu erwarten ist. Der Beitrag fragt nach der patentrechtlichen Einordnung der Ausführbarkeit und kommt zu dem Schluss, dass es sich um eine materielle Patenterteilungsvoraussetzung handelt. Der Schutz von Grundlagenerfindungen wird aus ökonomischer Sicht analysiert, um zu klären, ob die Zwecke des Patentrechts durch Schutzgewährung in einem frühen Stadium von Innovationszyklen gefördert oder konterkariert werden. Dabei zeigt sich, dass der Anreizgedanke gegen einen frühen Schutz spricht, während die Verbreitung vorhandenen Wissens durch eine zeitliche Vorverlagerung des Schutzes gefördert würde. Für den Fall, dass eine bereits angemeldete Erfindung nachträglich ausführbar wird, lässt das geltende Recht nach umstrittener Auffassung die Gewährung von Patentschutz zu. Dennoch sprechen die besseren Argumente, insbesondere die Rechtssicherheit, gegen eine solche zeitliche Ausdehnung des Schutzes. De lege ferenda gibt es sogar Überlegungen, noch nicht ausführbare Erfindungen in den Kreis der schutzfähigen Gegenstände mit einzubeziehen. Dies würde jedoch die rechtssichere Beurteilung der Patentierbarkeit unmöglich machen.
Personen

Herbert Zech ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Technik- und IT-Recht an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Direktor am Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft.
https://orcid.org/0000-0003-4625-6602