Rechtswissenschaft

Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart. Neue Folge

Hrsg. v. Oliver Lepsius, Angelika Nußberger, Christoph Schönberger, Christian Waldhoff und Christian Walter

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Leinen
ISBN 978-3-16-160766-0
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Wichtige Themen des vorliegenden 69. Bandes sind der Umgang des Rechts mit vergangenem staatlichen Unrecht und die Einordnung der »Vergangenheitsbewältigung« zwischen Recht, Politik und Geschichtsschreibung. Außerdem geht es ganz aktuell um die vielfältigen Rechtsfragen, die die Corona-Pandemie hervorgerufen hat. Sie hat nicht nur zu den massivsten Grundrechtseingriffen seit 1949 geführt, es stellen sich auch heikle Fragen, welches Staatsorgan in dieser faktischen Notstandssituation eigentlich handeln darf und muss.
Band 69 widmet sich im Schwerpunktteil dem Umgang des Rechts mit vergangenem staatlichen Unrecht. Darunter fallen so unterschiedliche Erscheinungen wie die Restitution von NS-Raubkunst, die Kompensation von Völkermord an den Armeniern oder in ehemaligen afrikanischen Kolonien u.ä., sei es durch Entschädigung, sei es durch »Memory Laws«, die symbolisch ein Zeichen setzen, indem sie etwa ein Geschehen nachträglich als Völkermord anerkennen. Der Schwerpunktteil versucht eine grundsätzliche rechtsphilosophische Einordnung dieser Phänomene ebenso wie eine Verortung von »Vergangenheitsbewältigung« zwischen Recht, Politik und Geschichtsschreibung.
In der Rubrik »Debatte« geht es um die vielfältigen Rechtsfragen, die die Corona-Pandemie hervorgerufen hat. Sie hat nicht nur zu den massivsten Grundrechtseingriffen seit 1949 geführt, es stellen sich auch heikle Fragen, welches Staatsorgan in dieser faktischen Notstandssituation eigentlich handeln darf und muss. Ist die Krise wirklich die »Stunde der Exekutive«? Hat sich der Deutsche Bundestag zu sehr zurückgehalten? In welchen Rechtsformen muss der »Lockdown« vollzogen werden? Wie verarbeitet der politische Prozess das medizinisch-naturwissenschaftliche Wissen oder genauer: die dort herrschende Ungewissheit? Kommen finanzielle Entschädigungen für die durch die massiven staatlichen Eingriffe hervorgerufenen Schäden in Betracht?
Der neue Band erinnert aber auch an bedeutende Juristinnen und Juristen: Die 2020 verstorbene Supreme Court Richterin Ruth Bader Ginsburg, den preußischen Verwaltungsbeamten und hohen Richter Bill Drews sowie an Pedro Cruz Villalon, ehemaliger Präsident des Verfassungsgerichts und Generalanwalt am EuGH.
Inhaltsübersicht
Schwerpunktthema: Der Umgang des Rechts mit vergangenem staatlichen Unrecht
Stephan Kirste: Rechtliche Vergangenheitsbewältigung. Ein Beitrag des Rechts zur Vergangenheitsgerechtigkeit in rechtsphilosophischer Perspektive – Leonie Steinl: Transitional Justice. Zu einem Konzept juristischer Unrechtsaufarbeitung – Sigrid Boysen: Memory Laws. Parlamente, Gerichte und Verhandlungen als Institutionen der Aufarbeitung von Genoziden – Uladzislau Belavusau/Aleksandra Gliszczyńska-Grabias/Maria Mälksoo: Memory Laws and Memory Wars in Poland, Russia and Ukraine – Daniel Wolff: »Nie wieder« als Argument. Richterliches Lernen aus dunkler Vergangenheit am Beispiel des Bundesverfassungsgerichts und des Obersten Gerichtshofs des Staates Israel – Fin-Jasper Langmack: Entschädigung als Mittel der Aufarbeitung staatlichen Unrechts. Ein normativer Rahmen – Constantin Goschler: Wiedergutmachung als Moving Target? Die Entschädigung von NS-Verfolgten in der Bundesrepublik und die Grenzen des Rechts – Sophie Schönberger: Gerechtigkeit am Recht vorbei? Zur Problematik der Restitution von NS-Raubkunst in der Gegenwart – Erol Pohlreich: Haftentschädigung, Rehabilitierung und Begnadigung als Mechanismen zur Unrechtskorrektur bei strafgerichtlichen Verurteilungen – Klaus Ferdinand Gärditz: Die Rolle der Verwaltungsgerichtsbarkeit in geschichtspolitischen Auseinandersetzungen. Der Fall »Hohenzollern«

Abhandlungen und Aufsätze
Russell A. Miller: Executives Extremes. German Lessons for Our Authoritarian Era – Julian Hinz: Die grundrechtliche Freiheitsvorsorge – Susanne Baer: Empirie und Theorie zur Rechtsvergleichung im Verfassungsrecht – eine Buchbesprechung – Leonie Breunung/Hubert Treiber: Empirische Rechts- und Implementationsforschung. Quantifizierende Aktenanalyse zwischen Erkenntnisgewinn und Artefakten

Debatte: Die Corona-Pandemie und das Recht
Gunnar Folke Schuppert: Die Corona-Krise als Augenöffner. Ein rechts- und damit zugleich kultursoziologischer Essay – Hannah Ruschemeier: Neues Virus, alte Rechtsfragen? Beobachtungen zur Pandemiedebatte – Felix Schmitt: Solutionismus, Technokratie und Entdemokratisierung. Corona und die langen Stunden der Exekutive – Maryam Kamil Abdulsalam: Die Stunde der Exekutive: Ein Wendepunkt im Umgang mit Tatsachen? – Klaus Ferdinand Gärditz: Freie Wissenschaft als Gelingensbedingung der politischen Willensbildung in der Pandemie – Laura Münkler: »Nothing else matters«. Wem Gehör schenken in der »Corona-Krise«? – Andrea Edenharter: Grundrechtseinschränkungen in Zeiten der Corona-Pandemie – Anika Klafki: Kontingenz des Rechts in der Krise. Rechtsempirische Analyse gerichtlicher Argumentationsmuster in der Corona-Pandemie – Karl-Heinz Ladeur: Die Pandemie Covid-19 als Wende zu einem neuen Paradigma des Verwaltungshandelns? Auf dem Weg zum datenbasierten Verwaltungsakt! – Hinnerk Wißmann: Verordnungsvertretende Gesetzgebung. Zum Zusammenwirken von Bundes- und Landesrecht in der Pandemiebekämpfung – Christian Winterhoff/Söhnke Eisele: Coronabedingte Betriebsschließungen: ohne Entschädigungsanspruch zulässig? Zur Verhältnismäßigkeit entschädigungsloser Betriebsschließungen und zur Rechtsfigur des ausgleichspflichtigen Grundrechtseingriffs – Ulrich Jan Schröder: Das Verhältnis von Gemeinwohl und Sonderopfer in der staatshaftungsrechtlichen Bewältigung der Corona-Pandemie – Julian Lubini: Nebenstrafrecht in der Krise. Strafrechtliche Aspekte von Covid-19 – Anne Peters: Die Pandemie und das Völkerrecht – Oliver Lepsius: Partizipationsprobleme und Abwägungsdefizite im Umgang mit der Corona-Pandemie

Portraits und Erinnerungen
Ute Sacksofsky: Ruth Bader Ginsburg – pragmatische Revolutionärin – Bernhard Müllenbach: Bill Drews (1870–1938): Ein Leben zwischen Exekutive und Judikative. Aspekte zu Leben und Werk – Miguel Azpitarte: The European Convention on Human Rights in the Academic and Judicial Work of Pedro Cruz Villalón

Entwicklungen des Verfassungsrechts
I. Gliedstaatliches Verfassungsrecht

Kurt Nuspliger: Die Bedeutung des kantonalen Verfassungsrechts in der schweizerischen Verfassungsordnung – Winfried Kluth: Die Entwicklung des Landesverfassungsrechts Sachsen-Anhalt im Zeitraum von 2004 bis 2020 – Christian Waldhoff/Lara Liese: Das verfassungspolitische Labor. Verfassungsentwicklung in Berlin 2004–2020

II. Verfassungsrecht außerhalb Europas
Masanori Shiyake: Zur Lage der Gerhard-Leibholz-Forschung in Japan – Monika Polzin: Migration, Integration und Innovation. Die indische »Basic-Structure Doctrin« und ihre deutschen und französischen Wurzeln
Personen

Oliver Lepsius ist Professor für Öffentliches Recht und Verfassungstheorie an der Universität Münster.

Angelika Nußberger ist ehemalige Richterin und Vizepräsidentin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und Professorin für Verfassungsrecht, Völkerrecht und Rechtsvergleichung an der Universität zu Köln.

Christoph Schönberger ist Professor für Staatsrecht, Staatsphilosophie und Recht der Politik sowie Direktor des Seminars für Staatsphilosophie und Rechtspolitik an der Universität zu Köln.

Christian Waldhoff ist Professor für Öffentliches Recht und Finanzrecht an der HU Berlin.

Christian Walter ist Professor für Völkerrecht und Öffentliches Recht an der Universität München.

Rezensionen

Folgende Rezensionen sind bekannt:

In: Revue Hellenique des Droits de l'homme — 93 (2022), 793–794