Rechtswissenschaft

Mario Martini

Die Gemeinfreiheit amtlicher Werke auf dem Prüfstand des Verfassungsrechts

Zum Konflikt zwischen § 5 I UrhG und Art. 14 I GG am Beispiel des Standards für die elektronische Rechnung

Jahrgang 11 () / Heft 4, S. 373-419 (47)
Publiziert 17.03.2020

In der Offenbarung des Johannes heißt es: »Ich werde kommen und jedem geben, was seines Werkes entspricht.« Für private Werke, die Eingang in amtliche Werke gefunden haben, hält sich der Urheberrechtsgesetzgeber an diese biblische Losung nicht in jeder Hinsicht. Er behandelt sie vielmehr als Güter der Allgemeinheit: § 5 I UrhG kündigt jeden urheberrechtlichen Schutz auf, sobald geistige Leistungen unmittelbar Eingang in amtliche Werke gefunden haben. Er beschränkt dadurch das Verfügungs‑ und Verwertungsrecht des Urhebers an seinem Werk nachhaltig. Eine Ausgleichsregelung, die eine Balance zwischen den Bedürfnissen des Gemeinwesens und der Eigentumsfreiheit des Art. 14 I 1 GG herstellt, kennt das Gesetz nicht. Den grundrechtlichen Anforderungen hält § 5 I UrhG nur in verfassungskonformer Auslegung stand.
Personen

Mario Martini Geboren 1969; Studium der Rechtswissenschaften an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz; 1999 Promotion; 2006 Habilitation; wissenschaftlicher Assistent an der Bucerius Law School, Hamburg.