Katharina Pistor
Rechtsvergleichung zwischen Rechts- und politischer Ökonomie: am Beispiel des Unternehmensrechts
Rubrik: Siebzehnte Ernst-Rabel-Vorlesung, 2021
Jahrgang 86 (2022) /
Heft 2,
S. 327-363
(37)
Publiziert 03.05.2022
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Kaum ein Rechtsgebiet hat in den letzten Jahrzehnten lebhafteres Interesse in der rechtsvergleichenden Forschung gefunden als das Unternehmensrecht, vor allem das Recht der öffentlich gehandelten Aktiengesellschaft. Der Dialog zwischen verschiedenen Rechtskreisen wurde dadurch erleichtert, dass man sich auf eine nichtrechtliche Sprache einigte – die der Transaktionskostenökonomie. Sie stellt eine einheitliche Messlatte zur Verfügung, an der das Für und Wider unterschiedlicher Vorschriften des Gesellschaftsrechts sowie Modelle der Unternehmensführungskontrolle untersucht werden konnten. Rechtliche Details blieben dabei notwendigerweise ausgeblendet. In jüngerer Zeit hat die Politikwissenschaft die Kapitalgesellschaft als Forschungsobjekt entdeckt und die politische Ökonomie der Entstehung und Entwicklung sowie der Funktion der Korporation als juristische Person näher beleuchtet. In dieser Literatur wird weit größerer Wert auf die Rolle des Staates für die Kapitalgesellschaft gelegt, während kaum rechtsvergleichende Fragen aufgeworfen werden. Die Rechtsvergleichung, so argumentiere ich in diesem Beitrag, könnte und sollte sich zwischen diesen sozialwissenschaftlichen Ansätzen als dezidiert vergleichende Forschungsrichtung etablieren, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Rechtsinstitutionen innerhalb von Sozialsystemen nicht nur beschreibt, sondern auch erklärt.