Über die Grenzen der Wissenschaftswelt hinaus ist Ambiguität zu einer zentralen Kategorie für die Beschreibung moderner Lebensrealität geworden. Katharina Wörn erweitert die aktuellen, interdisziplinären Debatten um das Verhältnis von Ambiguität, Moderne und Religion um einen theologischen Begriff von Ambiguität. Dafür erschließt sie erstmalig grundlegend den Begriff der Zweideutigkeit im Werk von Paul Tillich.
Ambiguität ist über verschiedene Wissenschaftsdisziplinen hinweg und bis in die Populärkultur hinein ein Begriff mit Konjunktur. Verbunden mit der Forderung nach Ambiguitätstoleranz ist er längst zu einer Chiffre für die Beschreibung der gegenwärtigen Lebensrealität und ihrer Herausforderungen avanciert. Katharina Wörn erarbeitet die interdisziplinären Debatten um das Verhältnis von Ambiguität, Moderne und Religion und erweitert sie um einen theologischen Begriff von Ambiguität. Dafür erschließt die Autorin erstmalig grundlegend den Begriff der Zweideutigkeit im Werk des Theologen und Religionsphilosophen Paul Tillich (1886-1965) in seiner werkgeschichtlichen Genese. Die Arbeit stellt damit eine Detailstudie zu einem theologischen Klassiker und zugleich einen Beitrag zur sozial- und kulturwissenschaftlichen Ambiguitätsforschung aus theologischer Perspektive dar.
Inhaltsübersicht:
I. Ambiguität interdisziplinär. Begriffe und Diskurse1. Ambiguität, Ambivalenz, Zwei- und Vieldeutigkeit. Begriffliche Koordinaten
2. Ambiguität als Signatur der Moderne. Soziologische Diagnosen
3. Die ambige Verfasstheit von Religion. Aktuelle Kontroversen
4. Problemstellungen für die werkgeschichtliche Rekonstruktion
II. Ambiguität als Zweideutigkeit. Eine werkgeschichtliche Rekonstruktion1. Paul Tillich als Denker von Ambiguität
2. Die Anbahnung der Zweideutigkeit. Die Schriften der frühen Nachkriegszeit (1919-1924)
3. Die Etablierung der Zweideutigkeit als religionstheoretische Denkfigur. Die Dresdener Dogmatik (1925-1927)
4. Zwischenzeiten. Die Weiterentwicklung der Zweideutigkeit in drei Linien (1927-1958)
5. Ambiguity als kulturanalytischer Grundbegriff. Die Systematic Theology/Systematische Theologie (1951-1963)
6. Ambiguität als adaptive Schlüsselkategorie. Ein Fazit
III. Ambiguität theologisch. Paul Tillichs Beitrag zum interdisziplinären Ambiguitätsdiskurs1. Ambiguität als Zweideutigkeit. Begriffliche Verortung
2. Zweipoligkeit statt Pluralität. Ambiguität als Signatur der Moderne
3. Ambiguitätstoleranz durch ungefährliche Eindeutigkeit. Die ambige Verfasstheit von Religion
4. Schlussfolgerungen für den interdisziplinären Diskurs