Gesellschaften unter Stress sind Thema des Tübinger Sonderforschungsbereichs 923 »Bedrohte Ordnungen«. Dieser Sammelband legt erste Ergebnisse vor. Mithilfe kulturwissenschaftlicher Ansätze thematisieren die Beiträge gesellschaftlichen Wandel sowie räumliche und zeitliche Muster sozialer Ordnungen.
Revolutionen, Katastrophen und zerbrechende Imperien stellen Ordnungen in Frage. Unter hohem Zeitdruck und mit außergewöhnlicher Emotionalität suchen Menschen nach neuer oder alter Stabilität. Was aber leitet ihre Suche an? Gestimmtheiten und Gewohnheiten aus der Zeit vor der Bedrohung? Die Art der Bedrohung oder die der Ordnung? Materielle Interessen der Bedrohten? Die Hoffnung der bislang Untergeordneten?
Der Sonderforschungsbereich 923 »Bedrohte Ordnungen« der Universität Tübingen untersucht Gesellschaften unter Stress, von der Antike bis zur Gegenwart, in verschiedenen Weltregionen. Er nutzt aktuelle Forschungsergebnisse zu Revolutionen und Katastrophen, greift Ansätze aus verschiedenen Kulturwissenschaften auf, um die Charakteristika sozialen Wandels zu bestimmen. Besonders interessiert ist der Tübinger SFB daran, räumlichen und zeitlichen Mustern gesellschaftlicher Ordnung auf die Spur zu kommen.
Nach zwei Jahren Forschungsarbeit präsentiert der SFB 923 »Bedrohte Ordnungen« Leitfragen und erste Ergebnisse, die aus einer internationalen Konferenz hervorgegangen sind. Vorgelegt werden Konzepte der Bedrohungskommunikation und der zeitlichen Verdichtung. Die vier Projektbereiche Aufruhr, Katastrophen, Ordnungszersetzung und Ordnungskonkurrenz werden anhand von unterschiedlichen Beispielen über die traditionellen Epochengrenzen hinweg dargestellt. Darüber hinaus werden kulturwissenschaftliche Theorien zu bedrohten Ordnungen auf die Themen Emotion, Revolution, Resilienz und Latenz übertragen.
Inhaltsübersicht:
Vorwort
I.Ewald Frie und
Mischa Meier: Bedrohte Ordnungen. Gesellschaften unter Stress im Vergleich
II.Steffen Patzold: Bedrohte Ordnungen, mediävistische Konfliktforschung, Kommunikation: Überlegungen zu Chancen und Perspektiven eines neuen Forschungskonzepts -
Jan Hinrichsen/Reinhard Johler/Sandro Ratt: Katastrophen. Vom kulturellen Umgang mit (außer)alltäglichen Bedrohungen -
Uwe Walter: Ordnungszersetzung: der Fall der späten römischen Republik -
Irmgard Männlein-Robert: Ordnungskonkurrenz: Polemik und Feindbild in konkurrierenden Ordnungen. Der platonische Philosoph Porphyrios und sein Kampf gegen die Christen
III.Fabian Fechner/Tanja Granzow/Jacek Klimek/Roman Krawielicki/Beatrice von Lüpke/Rebekka Nöcker: »We are gambling with our survival.« Bedrohungskommunikation als Indikator für bedrohte Ordnungen -
Klaus Ridder: ,Bedrohte Ordnung' als Kategorie mediävistischer Literaturwissenschaft: Überlegungen zum Tristanroman Gottfrieds von Straßburg -
Astrid Franke/Nicole Hirschfelder: »Maycomb was itself again«: Wandel und Resilienz einer ungerechten Ordnung -
Jonas Borsch/Sara Sophie Stern: »Und jetzt ist Meer, wo vorher Land war«. Wahrnehmungen von Beschleunigung und Verdichtung in unruhigen Zeiten -
Roger Petersen: Western Interventions and Occupations as Threatened Orders -
Mike Rapport:Revolution. A Case of Threatened Order?