Die »Autonomie des Individuums« ist ein zentraler Gedanke des modernen westlichen Rechtsdenkens. Felix Schumann analysiert die Grundlagen des rechtlichen Autonomiebegriffs und entwickelt ein einheitliches Verständnis individueller Autonomie im Recht, welches sich für zahlreiche Rechtsfragen unserer Zeit, von Sterbehilfe bis staatliches Nudging, fruchtbar machen lässt.
Die »Autonomie des Individuums« ist ein Schlüsselbegriff des deutschen Rechts. Mehr denn je ist sie Gegenstand zahlreicher Diskussionen zu rechtlichen Spezialthemen wie etwa Sterbehilfe, staatliches Nudging, Leihmutterschaft oder Selbstbestimmung über das eigene Geschlecht. Anders sieht es jedoch im Bereich der Grundlagenforschung aus: Hier fehlt es in der deutschen Rechtsordnung an einem allgemein anerkannten, einheitlichen Konzept individueller Autonomie. Felix Schumann schließt diese Lücke durch eine systematische und umfassende Analyse der Grundlagen des rechtlichen Autonomiebegriffs. Er sucht aus intra- und interdisziplinärer Perspektive nach einem im Zivil-, Straf- und Verfassungsrecht gleichlaufenden, einheitlichen Verständnis von (individueller) Autonomie, welches sich als theoretischer und dogmatischer Unterbau für Fragen aus der Rechtspraxis einsetzen lässt.
Inhaltsübersicht:
A. EinleitungI. Einführung
II. Gegenstand der Untersuchung
III. Gang der Untersuchung
B. Das selbstbestimmte Individuum in der deutschen RechtsordnungI. Art. 1 Abs. 1 GG - Menschenwürde
II. Art. 2 Abs. 1 GG - Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit
III. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG - Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit
IV. Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG - Die Freiheit der Person
V. Freiheitsschutz durch den Staat - Die objektiv-rechtliche Dimension der Grundrechte
VI.
Stat pro ratione voluntas - Die zivilrechtliche Privatautonomie
VII.
Volenti non fit iniuria - Die Einwilligung als Ausdruck von Selbstbestimmung
VIII. Die liberale Konzeption der Strafrechtsordnung
C. Theorie eines rechtlichen Autonomiebegriffs
I. Drei Gründe für die Fehldeutung und Strukturlosigkeit von Autonomie im Recht
II. Das originäre, normative Verständnis von Autonomie im Recht: »Autonomie r« als Kompetenz und Recht zur Selbstbestimmung
III. Subjektives Recht und Autonomie
IV. Fazit
D. Nachweis des rechtlichen Autonomiebegriffs in der RechtsordnungI. Normative Anknüpfungspunkte im einfachen Recht
II. Verfassungsrechtliche Dimension: Die Grundrechtsmündigkeit
III. Alternativvorschlag einer Grundrechtsdispositionsfähigkeit
E. Autonomieschutzpflicht des StaatesI. Herleitung und Struktur grundrechtlicher Schutzpflichten im Allgemeinen
II. Schutzpflicht aus der »Haben“-Position: Substanzschutzpflicht
III. Schutzpflicht aus der «Ausüben“-Position: Autonomieschutzpflicht
IV. Fazit
F. »Natürliche« Autonomie (»Autonomie n“) - Alternativkonzept oder kompatible Ergänzung?I. Begrifflichkeit
II. Grundlagen der Entwicklungsdynamik
III. Theorie der «natürlichen» Autonomie («Autonomie n“)
IV. Dogmatische Implementierung von »Autonomie n« in das grundlegende
Autonomie-Schwellenkonzept
V. Fazit
G. Anwendung des rechtlichen Autonomiebegriffs auf medizinrechtliche PraxisfragenI. Die Selbstbestimmung einwilligungsfähiger Minderjähriger in der medizinischen Behandlung
II. Bindungswirkung einer Patientenverfügung bei entgegenstehendem »natürlichen« Willen eines nicht mehr einwilligungsfähigen (Demenz-)Patienten
H. Schlussbetrachtung: Fünf wesentliche Erkenntnisse über Autonomie als Rechtsbegriff