Die hier vorgestellte systematische Theorie performativer Glaubensakte stützt sich auf Husserls phänomenologischen Begriff religiöser Erfahrung und auf Hönigswalds erkenntnistheoretische Konzeption diskursiver performativer Vollzüge. Die Verbindung beider Ansätze eröffnet neue Perspektiven auch für eine systematische Gottesdiensttheorie.
Veronika Surau-Ott entwickelt aus einem phänomenologisch geklärten Begriff religiöser Erfahrung eine Theorie performativer Glaubensakte und prüft sie am Modell des Gottesdienstes. Sie nimmt ihren Ausgang von einer kritischen Auseinandersetzung mit dem immer noch dominanten hermeneutischen Paradigma der systematischen Theologie. Der Rückgriff auf Edmund Husserls Erfahrungsphänomenologie und seine glaubensphilosophischen Spätschriften verdeutlicht den phänomenologischen Aspekt des Erlebens als Erfahrung. Richard Hönigswalds in eine diskursive Theorie von Gegenständlichkeit eingebettete Glaubensphilosophie macht den Begriff des sprachlichen wie nicht-sprachlichen Vollzugs für eine Theorie der Glaubensakte fruchtbar. Die systematische Verbindung aus phänomenologischer Erkenntnistheorie und diskursiver Performativität verdeutlicht, wie das, was sich von sich selbst her zeigt, performativ konstituiert und diskursiv repräsentiert wird.
Inhaltsübersicht:
Einleitung und Überblick
Kapitel I
Philosophische und religionsphilosophische Ausgangssituation1.1 Erkenntnis und Erfahrung
1.2 Rudolf Otto - Erfahrung des »Heiligen“
1.3 Ertrag im Hinblick auf Husserl und Hönigswald
Kapitel II
Edmund Husserl - Die Vorgegebenheit der Welt in der Erfahrung2.1 Der phänomenologische Ansatz
2.2 Wahrnehmung als Urmodus der Erfahrung
2.3 Intersubjektivität und Lebenswelt
2.4 Horizonte der Erfahrung
2.5 Erfahrung und Sinn
2.6 Konstitution des Objektiven
2.7 Wertephänomenologie als Werterleben
Kapitel III
Ansätze einer phänomenologischen Glaubensphilosophie3.1 Das Phänomen des Religiösen bei Husserl
3.2 «Husserls Gott» - eine Replik auf Hans Blumenberg
3.3 Martin Heideggers frühe Religionsphänomenologie
3.4 Ertrag des Bisherigen und sich daraus ergebende Fragen
Kapitel IV
Richard Hönigswalds «Theorie der Gegenständlichkeit“4.1 Biografie und Forschungsstand
4.2 »Vollzug - Gegenstand - Methode“: Die Erkenntnistheorie
4.3 Bestimmtheit
4.4 Sprache und Verständigung
4.5 Wertephilosophie - Der Gegenstand als «Aufgabe“
Kapitel V
Die kritische Philosophie des Glaubens
5.1 Grundfragen
5.2 Hinleitung zur Glaubensphilosophie -Gegenständlichkeit als höchster Wert
5.3 Die Korrelativität des Glaubensvollzugs als χωρισμός
5.4 Korrelativität als μέθεξις und κοινωνία
Kapitel VI
Erkenntnistheoretisches zur Schöpfungserzählung der Genesis6.1 Der methodische Ansatz Hönigswalds
6.2 Die Bestimmtheit der »Welt« - ein doppelter Schöpfungsbegriff
6.3 Die biblische Schöpfungserzählung
Kapitel VII
Ansätze zu einer Theorie performativer Glaubensakte
7.1 Der Sprach- und Verständigungsaspekt performativer Glaubensakte
7.2 Erleben
7.3 Epistemische Bestimmungen
7.4 Performative Glaubensakte und Performanz
7.5 Performativität und Ethos
7.6 Schweigen und Stille