Wenn die Exekutive Gerichtsentscheidungen bewusst missachtet, stößt der Rechtsstaat an seine Grenzen. Welche Instrumente können einem solchen Ungehorsam entgegengesetzt werden, damit sich der Rechtsstaat als resilient erweist? Wie effektiv sind sie? Und wo birgt das Recht bisher ungenutzte Potenziale?
Die Exekutive befolgt Gerichtsentscheidungen, die gegen sie ergangen sind, freiwillig. Von dieser Prämisse gehen zumindest die Gerichte in Deutschland schon seit über einem Jahrhundert aus und bezeichnen den Staat in diesem Sinne als »Ehrenmann«. Spektakuläre Fälle der jüngeren Vergangenheit haben diese Idealvorstellung jedoch tief erschüttert: Die Exekutive missachtete Urteile und widersetzte sich offen dem Entscheidungsvollzug. Eine überzeugende Antwort auf solchen exekutiven Ungehorsam blieben Gerichte und der Rechtsstaat insgesamt schuldig. Ob und wie sich der Rechtsstaat gegenüber dieser Herausforderung als resilient erweisen kann, untersucht Philipp Koepsell, indem er diverse rechtliche Instrumente analysiert, mit Lösungskonzepten ausländischer Rechtsordnungen vergleicht und bewertet. Das hierdurch entstehende Gesamtbild legt Potenziale sowie Synergien offen, aus denen der Autor zehn Regeln ableitet, deren Befolgung zur Lösung des Problems exekutiven Ungehorsams beitragen kann.
Die Arbeit wurde mit dem Carl von Rotteck-Preis 2023 und dem Deutschen Studienpreis der Körber Stiftung 2024 ausgezeichnet.
Inhaltsübersicht:
Einführung: Exekutiver Ungehorsam - Eine Aporie im Rechtsstaat?
§ 1 Der Tod des »Ehrenmannes«?
§ 2 Gang der Untersuchung
§ 3 Renitenz und Resilienz - Terminologie
Teil 1: Das staatsrechtliche Verbot exekutiven Ungehorsams
§ 4 Das Verhältnis von Exekutive und Judikative
§ 5 Rechtsschutzgarantie und Gehorsamspflicht
§ 6 Resilienz als »Bankrotterklärung des Rechtsstaatsgedankens«?
§ 7 Schranken exekutiver Gehorsamspflicht
Teil 2: Exekutiver Ungehorsam in ausgewählten Vergleichsrechtsordnungen - Länderberichte
§ 8 Rechtsvergleichung als Kontrastmittel
§ 9 Frankreich: »Rapport et études« und »l'astreinte«
§ 10 Italien: »Commissario ad acta«
§ 11 USA: »Contempt Sanctions«
§ 12 Österreich: »Missbrauch der Amtsgewalt«
Teil 3: Rechtsstaatliche Resilienz in Deutschland
§ 13 Dreistufiger Effektivitätstest zur Bestimmung des Niveaus der Resilienz
§ 14 Zwangsvollstreckung als primäres Instrument für den Umgang mit exekutivem Ungehorsam
§ 15 Alternative Instrumente gegenüber Hoheitsträgern
§ 16 Alternative Instrumente gegenüber Amtsträgern
§ 17 Ergebnis
Zusammenfassung in Thesen