Die Sprache der Gastlichkeit stellt eine Alternative zur Sprache der Integration, der Inklusion und der Diversität dar: Das Konzept der Integration geht von einem sozialen Ganzen aus; die Rede von Inklusion unterstellt eine Gemeinsamkeit, die einen Kommunikationsrahmen stiftet; Diversität schließlich bezeichnet lediglich eine normalisierte Verschiedenheit. Demgegenüber kommt mit der Gastlichkeit die situative Begegnung mit dem radikal Anderen in den Blick.
Arne-Florian Bachmann untersucht in der vorliegenden Studie die Gastlichkeit als Leitmetapher des christlichen Glaubens und als Orientierungshilfe für eine christliche Lebens- und Sozialform in der Spätmoderne. Ausgehend von einer biblisch-theologischen Motivgeschichte der Gastlichkeit überprüft er einschlägige Theologien und setzt sie in Bezug zu aktuellen Herausforderungen im Bereich der religiösen Gemeinschaftsbildung.
Diese werden ins Gespräch gebracht mit zentralen Stimmen kontinentaler Sozialphilosophie mit einem Schwerpunkt auf Phänomenologie und Dekonstruktion. Zuletzt wird ein eigener Beitrag zu einer theologischen Gemeinschaftstheorie entwickelt, die sich von der Gastlichkeit her versteht, sich aus kreuzestheologischen Motiven speist und zu einer außerordentlichen Gemeinschaft inmitten der Konflikte der sozialen Welt einlädt.
Inhaltsübersicht
I. Teil: Einleitung
1. Anders auf die falsche Art. Konflikte um Lebensformen und die Unwahrscheinlichkeit einer gastlichen Gemeinschaft (Nadia Bolz-Weber, Versperkirchen)
2. Diskurse über Vergemeinschaftung in der Spätmoderne (Bauman, Bude, Reckwitz)
3. Narrative der Gastlichkeit. Biblisch-theologische Grundlagen der Gastlichkeit
II. Teil: Der Theologische Diskurs zur gastlichen Vergemeinschaftung
1. Christine Pohls 'Making Room'
2. Letty Russels differenztheoretische Sicht der Gastlichkeit
3. Miroslav Volf. Gastliche Identität zwischen Exklusion und Umarmung
4. Richard Becks Psychotheologie der Ungastlichkeit
5. Thomas Wabels Ekklesiologie einer transpartikularisierenden Sozialität im Spannungsfeld zwischen Believing und Belonging
6. Systematisierung der Ergebnisse
III. Teil: Gastlichkeit und Vergemeinschaftung im sozialphilosophischen Diskurs
1. Sozialität aus Alterität. Die Sozialphilosophie Bernhard Waldenfels'
2. Ein Minimum an Gastlichkeit. Burkhard Liebschs Sozialphilosophie
3. Jean-Luc Nancys Dekonstruktion des Gemeinschaftsbegriffs
4. Roberto Espositos überfordernde Gemeinschaft der Gabe
5. Systematischer Ertrag
IV. Teil: Gastliche Vergemeinschaftung im Zeichen des Fremden
1. Der exponierte Mensch im Licht der Gastlichkeit Gottes
2. Gastlichkeit als Ethos des Pathos' der Fremdheit
3. Identität und Gastlichkeit im Widerstreit der Lebensformen
4. Gemeinschaft aus dem Außerordentlichen. Über gastliche Vergemeinschaftung
5. Fazit und Ausblick. Unaufhebbare Konfliktivität und ein Mehr an Gastlichkeit