Der Begriff »Dynastie« lässt an Herrschergeschlechter vergangener Zeiten denken. Doch bis heute streben Menschen überall in der Welt danach, Besitz, Macht und Status an die nächste Generation weiterzugeben. Die Beiträger dieses Bandes untersuchen, wie Akteure zu verschiedenen Zeiten und in unterschiedlichen Räumen auf Bedrohungen dynastischer Ordnungen reagieren und wie diese sich dadurch wandeln.
Zu allen Zeiten und in ganz unterschiedlichen Regionen der Welt haben Menschen dazu tendiert, Besitz, Macht, Ämter und Status an die nächste Generation weiterzugeben, um sich selbst und ihr eigenes Wirken in eine Linie der Kontinuität zu stellen. Ob in deutscher oder internationaler Politik und Wirtschaft, Wissenschaft oder sogar im Sport ‒ dynastische Kontinuitäten bestimmen auch unsere Gegenwart mehr, als sich auf den ersten Blick vermuten lässt. Was Dynastien ausmacht, zeigt sich besonders in solchen Momenten, in denen sie in ihrem Fortbestand unmittelbar bedroht sind: Wenn Nachkommen fehlen, sterben oder aus anderen Gründen als Erben ausfallen, wenn die Nachfolge umstritten ist und diese Situation von Konkurrenten herausgefordert oder ausgenutzt wird. Dieser Band versammelt erstmals Vertreter verschiedener Disziplinen, die sich mit der Bedrohung dynastischer Ordnungen in verschiedenen zeitlichen, räumlichen und kulturellen Kontexten beschäftigen.
Inhaltsübersicht:
Vorwort
Christian Heinemeyer: Von bedrohten Ordnungen und dynastischen Brüchen. Eine Einführung
Dynastisches Bewusstsein, Brüche und KontinuitätenKarl Ubl: Herrscherlisten in Rechtshandschriften. Dynastiebildung und genealogisches Wissen im karolingischen Frankenreich ‒
Gilles Lecuppre: Widersprüchliche Ausdrucksformen der Kapetinger-Nostalgie um die Mitte des 14. Jahrhunderts: Bruch oder Kontinuität der Dynastie? ‒
Martin Wrede: Gründen und Bleiben - zwei Probleme. Familiengründung und Bestandssicherung am Beispiel des »neuen« Hauses Arenberg
Strategien der NachfolgesicherungEllen Widder: Colette de Corbie. Wege zur Heiligkeit im Burgund des 15. Jahrhunderts ‒
Christina Antenhofer: Medikalisierung ante litteram? Die Bedeutung des medizinischen Wissens für die Dynastie am Beispiel der Korrespondenz der Gonzaga von Mantua mit den süddeutschen Fürstenhöfen ‒
Michael Zach: Dominante Mütter, schwache Söhne, mächtige Generäle - und nur eine Dynastie? Nachfolgestrategien im Reich von Meroe ‒
Susan Richter: Außereuropäische Erbfolgeregelungen im europäischen Aufklärungsdiskurs ‒
Bernd Kannowski: Dynastische und normative Rahmenbedingungen der Königswahl im Spätmittelalter ‒
Torsten Groth: Paradoxien der Nachfolgeentscheidung in Mehrgenerationen-Familienunternehmen
MöglichkeitsräumeJörg Rogge: Was tun, wenn ein (männlicher) Erbe fehlt? Das Ringen um den schottischen Thron nach dem Tod von König Alexander III. 1286 ‒
Iris Holzwart-Schäfer: Cecidit corona capitis me - Das Nachfolgeproblem König Roberts I. von Neapel und die politische Ordnung Italiens im 14. Jahrhundert ‒
Heidi Mehrkens: Ferdinand Philippe von Orléans: Ein Todesfall und ein fragiles Regime (1842-1848) ‒
Susanne Knaeble: Eine Frau soll herrschen? - Bedrohte Herrschaft und bedrohte ständische Ordnung im Hug Schapler (1500) ‒
Dominique Otten-Pappas: Die Rolle von Frauen im Familienunternehmen. Töchter in der Nachfolge ‒
Iris Holzwart-Schäfer: Gefährdete Dynastien in historisch-interdisziplinärem Kontext - Resümee