Das Verhältnis zwischen Glauben und Handeln ist delikat. Betont der Glaube nicht die Passivität des Menschen? Demotiviert er nicht vielmehr? Zugleich soll er sich in sichtbaren Handlungen dokumentieren, an seinen »Früchten« erkennbar sein. Der vorliegende Band nimmt sich dieser Ambivalenz an, ohne sie aufzulösen.
Die Ausgangsfrage des vorliegenden Sammelbandes lautet schlicht: Gibt es genuin religiöse Motivationen? Präziser: Beinhaltet der Glaube an Gott ein ihm eigenes Spektrum an Motivationen, die aus einem 'kontemplativen' Glauben einen aktiv-engagierten werden lassen? Sollte es diese – moraltheologisch vernachlässigten motivationalen – Ressourcen geben, stellen sich interessante Folgefragen: Woraus beziehen diese Motivationen ihre Stärke und Verbindlichkeit? Wie stehen sie zu ihren 'säkularen' Pendants? Wozu wird überhaupt motiviert? Gibt es mehrfache Motivationen bzw. in diesem Sinn Übermotivationen als Konflikt differenter Motivationen? Und wie steht der motivierte und motivierende Glaube zur mehrfachen Dementierung eben dieser Eigenschaft, auf etwas aus zu sein, zu intervenieren, etwas zu verändern? Ist ein
demotivierender Glaube ein bloßer Widerspruch in sich oder eine veritable Möglichkeit an sich?
Inhaltsübersicht
Hartmut von Sass: Glaube und (De-)Motivation. Einleitende Überlegungen
TEIL 1: Grundlegung
Johannes Fischer: Bemerkungen zum Verhältnis von Glauben und Handeln –
Christoph Seibert: Was bewegt mich? Ein Beitrag zur Hermeneutik des Handelns –
Torsten Meireis: »Whan Adam dalf, and Eve span, who was thanne a gentilman?« Plädoyer für eine entsprechungsethische Rekonstruktion moralischer Motivation in christlicher Perspektive –
Markus Mühling: »Keine bleibende Stadt haben, sondern die zukünftige suchen wir.« Das Changieren von Glaube und Hoffnung zwischen Selbstzweck und Weltgestaltung
TEIL 2: Kontexte
Jochen Schmidt: Gelassener Stolz. Überlegungen zu moralischer Selbstaffirmation, Überheblichkeit und Glaube im Anschluss an David Hume und Immanuel Kant –
Philipp Stoellger: Glaube als Begehren. Oder: Von der Rechtfertigung des Begehrens –
Rebekka A. Klein: Das Mitleid der Religion – anthropologische Erfolgsformel oder pathologisch-exzessive Leidenschaft der Weltverbesserung? –
Hartmut von Sass: Glaube, Hoffnung, (De-)Motivation. Eine metaethische Skizze ihrer Beziehung –
Sarah Jäger: »Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern...« Zu Motivationslagen in der Diakonie