In der exegetischen Fachliteratur werden Plutarchs Parallelbiographien häufig als Vergleichstexte für die Evangelien herangezogen. Doch wie kann und soll der Vergleich zwischen Evangelien und Viten durchgeführt werden, und welcher Nutzen lässt sich daraus gewinnen? – In Auseinandersetzung mit der Forschungsdiskussion zur Gattungszugehörigkeit der Evangelien entwickelt David Staub einen eigenen Ansatz, den er anhand eines Vergleichs zwischen Plutarchs Leben Numas und dem Lukasevangelium exemplarisch darlegt und erprobt.
Die Parallelbiographien Plutarchs wurden häufig als Vergleichstexte für die Evangelien des Neuen Testaments herangezogen. Wie aber sollte ein solcher Vergleich methodisch und hermeneutisch angelegt sein? David A. Staub entwickelt in dieser Studie einen methodologisch umsichtigen Ansatz für die komparative Textanalyse, indem er beispielhaft das Lukasevangelium mit Plutarchs Leben Numas vergleicht. Nach einer kritischen Sichtung der Gattungsforschung erläutert der Autor methodische Grundlagen für interkulturelle Textvergleiche. Für die Analyse zentral ist dabei die narrative Darstellung göttlichen Wirkens: Während Lukas Jesu Wirken als Offenbarung göttlichen Wohlwollens präsentiert, entfaltet Plutarch die Figur des Numa als eine heilbringende Selbstoffenbarung des Göttlichen. Eine Reflexion des Verhältnisses von Mythos und Geschichte beschließen den Band.
Inhaltsübersicht:
1. Einleitung
2. Die Gattung der Evangelien: Ein forschungsgeschichtlicher Rückblick
2.1. Phase 1: Paradigma der historischen Kritik
2.2. Phase 2: Das formgeschichtliche Paradigma
2.3. Phase 3: Das linguistische Paradigma
2.4. Phase 4: Neuere Arbeiten
2.5. Fazit
3. Zur Methodik des Vergleichs
3.1. Zu welchem Zweck soll der Vergleich geführt werden?
3.2. Welche Texte sollen verglichen werden?
3.3. In welcher Hinsicht sollen die Texte verglichen werden?
3.4. Wie sollen die Texte verglichen werden?
3.5. Konkretisierung im Hinblick auf den durchzuführenden Vergleich
4. Plutarchs Leben Numas als narratives Nachdenken über das Wesen und Wirken des Göttlichen in der Welt
4.1. Der Autor und sein literarisches Projekt
4.2. Plutarchs Leben Numas
4.3. Die Darstellung göttlichen Wirkens im Leben Numas
4.4. Die Figur Numas als heilsbringende Selbstoffenbarung des Göttlichen
4.5. Gottesoffenbarung als Kern der religiösen Reformen Numas
4.6. Plutarchs schriftstellerische Techniken im Leben Numas
4.7. Fazit
5. Das Lukasevangelium im Vergleich mit Plutarchs Leben Numas
5.1. Das Lukasevangelium als biblischer Vergleichstext
5.2. Literarische Gestaltung: Die Charakterisierung der Hauptperson
5.3. Aussageziel: Die Offenbarung des göttlichen Wohlwollens
5.4. Hermeneutische Überlegungen: Das Verhältnis von Mythos und Geschichte
5.5. Ertrag für die Exegese des Lukasevangeliums und Plutarchs Leben Numas
6. Schlussbemerkungen und Ausblick