Das 'Subjekt' war von Anfang an eine komplexere Theoriefigur, als es die Postmoderne zugestanden hat; in den verschiedenen Humanwissenschaften hat diese Figur eine wechselvolle Geschichte. Hat diese Geschichte aber auch eine Bedeutung dafür, wie historische Subjekte sich selbst erleben, also für eine Geschichte des Subjekts?
Die Frage, ob es eine Geschichte der Weisen gibt, in denen Menschen sich selbst erleben, also eine Geschichte des Subjekts, wird vielfach als eine der sozialen Gebilde dargestellt, die den Einzelnen formen oder 'subjektivieren'. Sie kann sich aber auch auf die wechselnden Formen beziehen, in denen das Subjektsein selbst historisch beschrieben wurde, in all den variierenden Theorieentwürfen, die in der Psychologie, Philosophie, Anthropologie und den anderen Humanwissenschaften aufeinander folgten. Der Band untersucht die These, dass dieses theoretische Selbstwissen mehr bedeutet als eine bloße Reihe ideengeschichtlicher Positionen; dass die Geschichte des Selbstwissens also von größerer Bedeutung für die Geschichte des Subjekts ist, als bisher vielfach zugestanden wurde. Das setzt einen Dialog zwischen (sozialwissenschaftlicher) Subjektivierungstheorie und (geisteswissenschaftlicher) Wissensgeschichte voraus, zu dem der Band eine Vorlage bildet.
Mit Beiträgen von:
Thomas Alkemeyer, Jens Elberfeld, Christiane Frey, Malte Griesse, Sandra Janßen, Hans-Jörg Rheinberger, Katja Rothe, Laurens Schlicht, Jakob Tanner, Daniel WranaInhaltsübersicht
Thomas Alkemeyer: Vorwort –
Sandra Janßen: Einleitung –
Hans-Jörg Rheinberger: Vom Subjekt des Wissens aus der Perspektive der Historischen Epistemologie –
Jakob Tanner: Anthropos revisited. Subjektivierungsformen und Historische Anthropologie –
Daniel Wrana: Wusste Achill von sich, dass er frei war? Zur Problematisierung des Selbstwissens in der Kulturgeschichte der Subjektivität –
Christiane Frey: Selbstwissen und Selbstsorge. Anmerkungen zu Kants Laune –
Katja Rothe: Rhythmus und Neurasthenie. Sich-Selbst-Wissen um 1900 –
Laurens Schlicht: Von der Gleichheit zur Regulierung von Ungleichheiten. Ein Beitrag zu Aspekten der französischen Humanwissenschaften und der Entstehung einer administrativ-medizinischen Expertenkultur um 1795–1830 –
Malte Griesse: Leibeigenschaft am Pranger. Subjektivierung und Emanzipation in russischen Lebensbeschreibungen der Aufklärungszeit –
Sandra Janßen: Vom Bewegtwerden durch Musik. Stationen einer psycho-politischen Denkfigur als Leitbild 'totalitärer' Subjektivierung –
Jens Elberfeld: Psychowissen, therapeutische Praktiken und die Genealogie des reflexiven Selbst