Die Autoren der Beiträge dieses Bandes thematisieren die Interaktion von Bildung und Religion in Antike, Judentum, Christentum und Islam. Wie wird Bildung über religiöse Differenzen hinweg tradiert, wo dient sie als Fundament religiöser Identitäten? Diese historische Fragestellung besitzt zugleich hohe Aktualität.
Die Autoren der Beiträge dieses Bandes untersuchen die Interaktion von Bildung und Religion in den Kulturen des Mittelmeerraums und des Nahen Ostens über mehr als ein Jahrtausend hinweg. Der Bogen spannt sich von den Höhlen in Qumran am Toten Meer über die kulturellen Zentren der griechisch-römischen Antike, das frühe Judentum und Christentum bis zu den literarischen und bildungstheoretischen Diskursen im klassischen Islam. Dabei werden insbesondere Institutionen und Medien mit Blick auf religiöse Vorstellungswelten und Ideale von Bildung und Erziehung untersucht. Die Beiträge gehen jeweils von einem bildungs- und religionsgeschichtlichen Ort bzw. Grundsatz aus, argumentieren aber stets in einem weiteren Horizont: Wie werden Bildungsideale über religiöse Differenzen hinweg tradiert, und inwiefern dient Bildung als Fundament für die Konstitution religiöser Identitäten? Ohne Unterschiede zu nivellieren, zeigen die Autoren des Bandes, dass gerade anhand der Frage nach Bildung Kontinuitäten und Diskontinuitäten zwischen der jüdischen, christlichen und islamischen sowie der griechisch-römischen Religion präzise thematisiert werden können. Die Beiträge, die aus einer Vorlesungsreihe des Forschungszentrums EDRIS (Education and Religion From Early Imperial Roman Times to the Classical Period of Islam) an der Georg-August-Universität Göttingen hervorgegangen sind, dokumentieren damit die innovativen Möglichkeiten interdisziplinärer Erforschung eines Themas, das nicht nur von historischem Interesse, sondern auch von hoher Aktualität ist.
Inhaltsübersicht:
Peter Gemeinhardt/Sebastian Günther: Vorwort -
Reinhard Kratz: Text und Kommentar: Die Pescharim von Qumran im Kontext der hellenistischen Schultradition -
Udo Schnelle: Denkender Glaube. Schulen im Neuen Testament -
Günter Stemberger: Lebenslanges Lernen im rabbinischen Judentum -
Ulrike Egelhaaf-Gaiser: Quaestiones Romanae. Antiquarische Spaziergänge zwischen Kapitol und Venustempel -
Ferdinand Prostmeier: »Was will wohl dieser Schwätzer sagen?« Bildung und religiöses Wissen im 2. Jh. n.Chr. -
Peter Gemeinhardt: Non vitae sed scholae? Pagane und christliche Ansichten über Schule, Lehrer und das Leben -
Johan Leemans: Die Briefe des Isidor von Pelusium: Bildung, Glaube und mehr -
Christian Tornau: Medium und Text. Buch, Buchproduktion und Buchkomposition bei Augustinus -
Therese Fuhrer: Die Schöpfung als Modus göttlicher Rede - Augustinus über Religion und Hermeneutik -
Martin Tamcke: Wie der Islam die christliche Bildung beflügelte -
Gregor Schoeler: Gesprochenes Wort und Schrift. Mündlichkeit und Schriftlichkeit im frühislamischen Lehrbetrieb -
Lale Behzadi: Muslimische Intellektuelle im Gespräch. Der arabische literarische Salon im 10. Jahrhundert -
Sebastian Günther: »Das Buch ist ein Gefäß, gefüllt mit Wissen und Scharfsinn«: Pädagogische Ratschläge klassischer muslimischer Denker (9.-13. Jahrhundert) -
Ingrid Hehmeyer: Denker und Tüftler. Wissenschaft und Technik in klassisch-islamischer Zeit