Annette Weissenrieder, André Luiz Visinoni
Illness, Suffering, and Treatment in a Changing World
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- 10.1628/ec-2022-0022
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Die altlateinischen Übersetzungen der Evangelien weisen eine große Bandbreite an medizinischer Terminologie auf, die sowohl die Krankheitskonzepte wie auch die Krankheitsbegrifflichkeit umfasst. Die in der Forschung eingeführte Unterscheidung von Behinderung und Krankheit reflektieren die lateinischen Übersetzungen zwar nicht, aber sie betonen stärker als die griechischen Evangelien die unterschiedliche Schwere der Leiden, wie etwa die Lexeme cruciatus und tormentum deutlich machen, die auch eine soziale Ausgrenzung konnotieren. Bemerkenswert ist zum einen, dass die Betonung derjenigen Leiden, die (religiöse) Unreinheit anzeigen, in den lateinischen Evangelien erkennbar zurücktritt. Auffallend ist zudem, dass die altlateinischen Übersetzungen unbekannte griechische Terminologie interpretativ medizinisch konzise umsetzen. In den altlateinischen Evangelien wirdman zudem einiger Begriffe aus dem Bereich der Medizin gewahr, wie etwa eicere oder expellere, die bildlich beschreiben, wie eine Krankheit den Menschen verlässt oder weggeschickt wird (siehe dazu die Aussagen von Celsus, Scribonius, Cassius Felix oder auch Theodorus Priscianus), womit Krankheitsheilungen also nicht zwangsläufig als Exorzismus zu deuten sind. Hinsichtlich der Zuwendung Jesu zu den Kranken tritt der theologische (»retten«) zugunsten eines körperlichen (»leben«) Aspekts zurück: Jesus ist die Medizin, die Leben bringt.