Cover of: Wie umfassend soll / darf / muss sie sein, die allgemeine Bildungs- und Wissenschaftsschranke?
Rainer Kuhlen

Wie umfassend soll / darf / muss sie sein, die allgemeine Bildungs- und Wissenschaftsschranke?

Section: Rechtspolitische Diskussion
Volume 7 (2015) / Issue 1, pp. 77-125 (49)
Published 09.07.2018
DOI 10.1628/186723715X14345437231643
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Summary
The Durantaye study presents an excellent survey - but very little will be achieved by the two proposals it provides, either for the general exception in favor of science and education (GESE) or for a library exception. The latter merely prolongs what is already allowed according to the German copyright paragraphs 52b and 53a. This proposal disregards the digital reality of virtualizing the information services provided by libraries, archives and museums. The same is true for the first proposal concerning a GESE. Rather than being a general clause for science and education, it retains as valid most of the existing restrictions such as those in paragraphs 52a and 53. In fact, the situation even takes a turn for the worse, because de la Durantaye argues strongly in favor of according higher priority to a publisher's license than to legally binding copyright exceptions. The Durantaye study discusses the central copyright problem of appropriate remuneration only marginally, whereas this text provides many proposals, theses and questions which can guide the forthcoming political debate, for instance whether there is a need at all for remunerating authors in areas of publicly financed science. Durantaye's model is compared with that of the Coalition for Action »Copyright for Education and Research«. While the former is in essence obliged to existing copyright regulation and legal interpretations within the national and European courts system, the latter considers political regulation for a new science copyright law to be a social construct which must take into account existing behavior, expectations and needs in electronic environments. Finally, the discussion addresses whether a GESE will be needed at all when open access becomes an inclusive and comprehensive reality in science publishing. Die jüngst erschienene Studie von Katharina de la Durantaye zur Einfügung einer Allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsschranke (ABWS) in das Urheberrechtsgesetz ist rechtsdogmatisch gelungen, doch helfen ihre Vorschläge Wissenschaft und Bildung nur wenig. Der Vorschlag einer gesonderten Bibliotheksschranke schreibt das fort, was derzeit schon (z. B. in §§ 52b und 53a UrhG) steht, aber die Arbeit der Informationsvermittler auch künftig behindern würde. Dabei wird ein Konzept von Bibliotheken, Archiven und Museen zugrunde gelegt, das der digitalen Realität der Virtualisierung und Enträumlichung von Informationsdienstleistungen keineswegs Rechnung trägt. Der Vorschlag für eine ABWS klingt zunächst wie eine generalklauselartige Lösung, aber tatsächlich gelten weiter die bisherigen Einschränkungen z. B. der §§ 52a, 52b und 53 UrhG. Die Situation verschlechtert sich sogar für Bildung und Wissenschaft dadurch, dass in der Durantaye-Studie starke Argumente zugunsten der Priorität von Verlagsangeboten gegenüber Schrankenregelungen angeführt werden. Das schwierige Problem der Vergütung von urheberrechtspflichtigen Materialien wird in der Studie nur sehr knapp angesprochen. In diesem Beitrag werden daher 13 Fragen und Thesen zusammengestellt, die für die Diskussion um Vergütungen im Kontext der ABWS bedacht werden sollten, darunter die Frage, ob für die im öffentlichen Interesse stehende Nutzung publizierter Materialien überhaupt eine Vergütung erfolgen soll/muss. Den Vorschlägen der Durantaye-Studie wird der aktuelle Vorschlag des Aktionsbündnisses (von 12/2014) gegenübergestellt. Er sieht eine Regulierung für das Wissenschaftsurheberrecht vor, welche diesen Bereich als soziales Konstrukt ansieht, das den in aktuellen elektronischen Umgebungen sich entwickelnden Verhaltensformen und Bedürfnissen Rechnung trägt. Im Schlussabschnitt wird der Frage nachgegangen, ob eine ABWS durch die sich abzeichnende umfassende (durchaus auch kommerzielle) Open-Access-Entwicklung überflüssig werden könnte.