Im Horizont eines gewachsenen gesellschaftlichen Interesses an interreligiösen Austausch- und Konfliktprozessen und interkulturellen Osmosen haben sich auch die wissenschaftlichen Anstrengungen intensiviert, die Erforschung der Religionen zu „verflüssigen“ und sie als dynamische Phänomene zu begreifen, die sich in permanenten Interaktionsprozessen mit anderen Religionen konstituierten, konfigurierten und weiterentwickelten. Diese Perspektive auf die interreligiösen Interaktionsprozesse soll den thematischen Fokus der neu zu gründenden Zeitschrift HIReC bilden, und zwar in Bezug auf die drei großen monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam in der Vormoderne, d. h. für den Zeitraum vom 7. bis zum 18. Jahrhundert.
Unter Interaktion wird jede denkbare Form der Beziehung von mindestens zwei der genannten Religionen untereinander oder mit einer dritten religiösen Tradition verstanden. Die Religionen werden dabei nicht als abgeschlossene, fixe Entitäten behandelt, sondern als Zusammenhang bestimmter Traditionsbestände und Praktiken, die in einem vielfältigen Spektrum des Mit-, In- und Gegeneinanders – von ideellem Transfer bis zum physischen Konflikt – interagierten. Durch den nicht auf trennscharfe Abgrenzungen abzielenden Begriff der religious cultures wird dem Umstand Rechnung getragen, dass – unbeschadet auf eindeutige Distinktionen abzielender Tendenzen innerhalb der Religionen selbst – „offene Ränder“ und Hybridgestalten ein zentrales Moment der interreligiösen Interaktionsgeschichte darstellen.
Das Zeitschriftenprojekt geht von der Voraussetzung aus, dass die Erforschung von interreligiösen Interaktionsprozessen nicht selten die disziplinären Kompetenzen der betroffenen Fachwissenschaften, also etwa der Kirchen- und Christentumsgeschichte, der Religionsgeschichte und -wissenschaft, der Judaistik, der Islamwissenschaft und der Arabistik überschreitet. Der quer zu geläufigen Periodisierungen gewählte Zeitrahmen umspannt das Jahrtausend zwischen der Entstehung des Islam und dem Aufkommen des neuzeitlichen Kolonialismus. Der vorgesehene geographische Rahmen entspricht der Ausbreitung und Erstreckung der drei monotheistischen Religionen, ist also im Prinzip global.
Das Anliegen der neuen Zeitschrift besteht darin, ein internationales Forum für Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Beziehungs- und Konfliktgeschichte der großen monotheistischen Religionen in der Vormoderne zu bieten. Die interdisziplinäre Anlage der Zeitschrift ist für das Unternehmen grundlegend. Die Beiträge sollen dem interdisziplinären Anliegen verpflichtet sein, das heißt darauf abzielen, nicht nur einzeldisziplinäre Binnenperspektiven zu rekonstruieren, sondern auch den Rückwirkungen interreligiöser Interaktionen auf die beteiligten Kulturen nachzugehen.
Ein interdisziplinär und international besetzter Herausgeberkreis soll nicht nur die Qualität der Beiträge gewährleisten, sondern durch Expertisen dazu beitragen, die jeweiligen fachdisziplinären Perspektiven zu erweitern. Die Herausgeberinnen und Herausgeber werden von einem ebenfalls international und interdisziplinär besetzten Advisory Board unterstützt. Alle Beiträge werden innerhalb eines Doppelblindgutachtens evaluiert und kostenfrei für Autorinnen und Leser im Open Access unter einer CC BY-SA 4.0-Lizenz veröffentlicht. Dies wird durch das Modell Subscribe to Open (S2O) finanziert und beruht auf der Bereitschaft von Bibliotheken, die Zeitschrift zu abonnieren.