Die Freiheit der Advokatur ist eine der großen rechtsstaatlichen Errungenschaften. Maximilian Gerhold vergleicht den verfassungsrechtlichen Schutz der anwaltlichen Berufsausübung im deutschen und französischen Verfassungsrecht und zeigt auf, inwieweit die nationalen Verfassungsrechte sich trotz grundsätzlicher und dogmatischer Unterschiede gegenseitig Impulse geben können.
Rechtsanwälte haben rechtsordnungsübergreifend eine wichtige rechtsstaatliche Funktion. Doch anders als die richterliche Unabhängigkeit, die in den europäischen wie mitgliedstaatlichen Verfassungstexten ausdrücklich erwähnt wird, gilt dies für Rechtsanwälte und die Rechtsanwaltschaft als Institution zumeist nicht. Der berufsfreiheitliche und verfassungsgerichtliche Schutz anwaltlicher Berufsausübung in Deutschland kennt keine Entsprechung in Frankreich, wo dieser bislang der berufsständischen Selbstverwaltung überantwortet ist. Der Autor vermisst die anwaltliche Berufsfreiheit im deutschen Verfassungsrecht neu. Diese stellt sich als dienende Freiheitsgewährleistung dar. Zugleich werden erstmals grundrechtliche Maßstäbe für die Regulierung des Anwaltsberufs in Frankreich aufgezeigt. Der Grundrechtsvergleich lässt als gemeinsame Elemente die Fremdnützigkeit und Normgeprägtheit der anwaltlichen Grundrechte hervortreten.
Die Arbeit ist 2023 mit dem Dissertationspreis »Prix des affaires« der Deutsch-Französischen Hochschule und dem Promotionspreis des Vereins der Freunde und Förderer der Rechtswissenschaften an der Universität Passau e.V. ausgezeichnet worden.
Inhaltsübersicht:
Einleitung
§ 1: Herausarbeiten des Untersuchungsgegenstands
§ 2: Kontext der Untersuchung.
§ 3: Methodischer Rahmen
§ 4: Historische Grundlagen
Kap. 1: Der Rechtsanwalt, (k)ein Grundrechtsberechtigter wie jeder andere§ 1: Ein Bild des Rechtsanwalts und sein Gewinn für die Grundrechtsdogmatik
§ 2: Abriss über das einfachgesetzliche Berufsbild
§ 3: Rechtsanwalt und Richter: Kontrast oder Nähe?
§ 4: Ein fremdnütziges Bild anwaltlicher Berufsausübung im verfassungsrechtlichen Funktionszusammenhang
Kap. 2: Subjektiv-rechtliche Gehalte anwaltlicher Freiheit: Deutsche Impulse für das französische Verfassungsrecht§ 1: Vorfrage nach der Ausdifferenzierung der Schutzbereiche
§ 2: Anwaltliche Berufsausausübung: Wirtschaftliche Grundrechte in Deutschland und Frankreich
§ 3: Anwaltliche Berufsausübung: Kommunikationsgrundrechte in Deutschland und Frankreich
Kap. 3: Objektiv-rechtliche Gehalte anwaltlicher Freiheit: Französische Impulse für das deutsche Verfassungsrecht§ 1: Frankreich: eine objektiv-rechtliche und funktionale Freiheit
§ 2: Deutschland: eine dienende, ausgestaltungsbedürftige Freiheit
§ 3: Regulierung anwaltlicher Werbung als Anwendungsbeispiel
Schluss: Kurze Bilanz und Perspektiven des GrundrechtsvergleichsRésumé français de la thèse