Die terroristische Gefahr zwingt zur Personalisierung und damit zu einer Strategie, die es im liberalen Rechtsstaat eigentlich nicht geben darf. Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus folgt anderen Maßstäben. Er kennt den Feind. Wie sich die bislang getrennten Diskurse befruchten können, zeigen die Beiträge dieses Bandes.
Im Rechtsstaat bekämpft die Polizei Gefahren, keine Menschen. Für den Menschen interessiert sich das Recht erst, wenn man ihm Gefahren zurechnen kann. Nicht Freund und Feind sind daher die Kategorien des Rechtsstaats, sondern Störer und Nichtstörer. Es liegt jedoch im Wesen des Terrorismus, dass Täter unvermittelt Anschläge ungeheuren Ausmaßes ausführen können. Die Schwierigkeit, dies in Begriffen der Gefahr zu fassen, legt es nahe, an die Person des Terroristen anzuknüpfen. Das internationale Recht ringt mit dieser Strategie schon länger (»enemy combatants« etc.). Bewegt sich der Rechtsstaat also dorthin, wo das Völkerrecht schon ist und bestätigt damit ein unausgesprochenes Freund-Feind-Denken?
Die Beiträge dieses Bandes stellen sich den Personalisierungstendenzen heutiger Sicherheitspolitik. Sie identifizieren die »Personalisierung« als Problem und mahnen sie zugleich als Ausgangspunkt einer konstruktiven Lösung an.
Inhaltsübersicht:
Vorwort der Herausgeber
Einführung
Andreas Paulus: Geleitwort
Michael Goldhammer/Andreas Kulick: Der Terrorist als Feind?
Der Feind: Theorie des Terrorismus und des TerroristenKlaus Ferdinand Gärditz: Braucht das Recht eine Theorie des Terrorismus? -
Nahed Samour: Politisches Freund-Feind-Denken im Zeitalter des Terrorismus
Rechtsstaat und Völkerrecht: der Rahmen der TerrorabwehrMarkus Möstl: Staatsaufgabe Sicherheit in Zeiten des Terrorismus - der rechtsstaatliche Rahmen -
Tilmann Altwicker: Der Terrorist im transnationalen Sicherheitsrecht
Wer ist Terrorist?Tristan Barczak: Terrorismus als Rechtsbegriff - Reflexionen über Migration, Ambivalenz und Entgrenzungspotential einer politischen Vokabel -
Christina Binder/Verena Jackson: Wer ist Terrorist im internationalen Recht?
Die personale Terror-PrognoseMatthias Bäcker: Von der Gefahr zum »Gefährder« -
Björn Schiffbauer: Selbstverteidigung, »imminent armed attack« und Prognose im Völkerrecht -
Thomas Wischmeyer: Predictive Policing - Nebenfolgen der Automatisierung von Prognosen im Sicherheitsrecht
Erforschung, Überwachung und EingriffBenjamin Rusteberg: Informationsherrschaft durch Polizei und Nachrichtendienste - Zur Notwendigkeit eines neuen Trennungsgebots -
Paulina Starski: Terrorismusabwehr durch imperative Maßnahmen - »Targeted Killings« -
Andrea Kießling: Die aktionelle Maßnahme im Vorfeld: Voraussetzungen und Grenzen im Lichte aktueller Gesetzesänderungen