Automatisierte Profile (sog. Social Bots) manipulieren die öffentliche Meinungsbildung in sozialen Netzwerken. Paul Dürr befasst sich mit diesem konfliktträchtigen Thema aus einer verfassungsrechtlichen Perspektive. Er entwirft einen normativen Rahmen, um die Risiken digitaler Manipulation für das demokratische System abzubilden und geeignete Regulierungskonzepte zu entwickeln.
Digitale Diskursräume eröffnen nicht nur Partizipationschancen. Sie sind auch Forum für Desinformationskampagnen und manipulative Verhaltensweisen. Paradigmatisch für diese Ambivalenz steht das Phänomen der Social Bots. Dabei handelt es sich um automatisierte Profile in sozialen Netzwerken, die unter Vortäuschung einer menschlichen Identität am Kommunikationsprozess teilnehmen. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive verdeutlichen Social Bots die normativen Konfliktlinien, die der »digitale Strukturwandel der Öffentlichkeit« mit sich bringt: Einerseits verdient auch automatisierte und anonyme Kommunikation grundsätzlich den Schutz der Meinungsfreiheit. Gleichzeitig verzerren Social Bots die öffentliche Meinungsbildung und stehen damit im Konflikt mit dem Prinzip kommunikativer Chancengleichheit. Paul Dürr entwickelt dogmatische Lösungskonzepte, um die Risiken digitaler Manipulationsformen verfassungsrechtlich abzubilden und Regulierungsinitiativen angemessen zu bewerten.
Inhaltsübersicht:
Einleitung
A. Anlass der Untersuchung: Social Bots als Sinnbild kommunikativer Veränderungen
B. Zentrale Fragestellungen und Eingrenzung des Untersuchungsumfangs
C. Gang der Untersuchung
Teil 1: Untersuchungsgegenstand: Social Bots - ein neues Instrument digitaler Manipulation
A. Social Bots als pseudomenschliche Kommunikationsteilnehmer innerhalb sozialer Netzwerke
B. Social Bots und die digitale Manipulation politischer Prozesse
Teil 2: Verfassungsrechtlicher Schutz durch das Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit
A. Persönlicher Schutzbereich
B. Sachlicher Schutzbereich
Teil 3: Beeinträchtigte Interessen: Social Bots und die demokratische Öffentlichkeit
A. Öffentlichkeit und Manipulation im demokratischen System des Grundgesetzes
B. Auswirkungen auf den demokratischen Legitimationsmodus der Wahlen
C. Beeinträchtigung subjektiv-individueller Kommunikationsinteressen
D. Verzerrung des öffentlichen Meinungsbildungsprozesses
E. Besondere Restriktionen für staatliche Stellen und Parteien
F. Staatliche Schutzpflicht und legislativer Gestaltungsspielraum
Teil 4: Regulierung von Social Bots
A. Selbstregulierung der Plattformbetreiber
B. Regulierungskonzept de lege lata: Zur Kennzeichnungspflicht des Medienstaatsvertrags
C. Regulierungsperspektiven de legeferenda
D. Zwischenergebnis, resilienzfördernde Maßnahmen und Restrisiko