Herrmanns Lebenszeit reicht von der bürgerlichen deutschen Revolution 1848 über das Kaiserreich seit 1871 bis in die Anfangsjahre der Weimarer Republik nach 1918. In seiner Theologie hat Herrmann die führenden intellektuellen Kräfte der Epoche, Naturalismus und Historismus, verarbeitet, und in deren Kritik den Ort der Religion im individuellen Leben begründet.
Ein Jahrhundert nach Herrmanns Tod erweist es sich, daß die kulturellen Großformationen Naturalismus und Historismus in verwandelter Erscheinungsweise noch immer die Debattenlagen von Wissenschaft, Religion und Kultur bestimmen. Der Naturalismus versucht das humane Selbstverständnis auf der Basis von biologisch-physikalischen Theoriegebilden zu prägen, wie sie prominent von der Hirnforschung konzipiert werden. Der Historismus erweist sich als Triebkraft von Identitätsdebatten, die, widersprüchlich genug, eine allgemeine Höchstgeltung des Besonderen propagieren. Die Hauptwerke Wilhelm Herrmanns geben Anlaß, im Verhältnis dazu die spezifische Gestalt und Funktion der Religion zu erweisen.
Die Wilhelm Herrmann-Studienausgabe (WHS) bietet die Texte in den Fassungen letzter Hand mit einleitenden Hinweisen auf die Werkgeschichte. Nachweise von Zitaten werden ergänzt und berichtigt. Die Bände erscheinen jeweils in Jahresfrist.